Pflegefachkraft SAPV / Palliative Care in München

Wenn Frau Reihers Bruder als Kind nicht auf der Hut war, wurde ihm von seiner Schwester bei jeder Schramme gleich das ganze Bein in Verband gelegt. War er doch auf der Hut, wurden ihm die zu versorgenden Wunden kurzerhand aufgemalt. So wunderte es niemanden, dass Frau Reiher mit 17 ½ Jahren als 1 von 1000 Bewerbern auf 23 Plätze ihre Ausbildung als Krankenschwester am Wannsee in Berlin antrat – und dort schon bald an vorderster Front die Initiative ergriff und eine Schülerstation ins Leben rief. Von Berlin nach Bogenhausen ging es für Frau Reiher in 16 Jahre städt. Krankenhausleben mit Fachweiterbildungen in der Intensivmedizin und Anästhesie. Und über einen „Tag, der irgendwie aus der Reihe fiel“ schließlich ins schöne Nymphenburg zum Krankenhaus Barmherzige Brüder, wo sie als Palliative Care Pflegefachkraft | SAPV-Pflegekraft gerade etwas in eine Schachtel packt.

SAPV Pflegekraft – das steht für Spezialisierte Ambulante Palliativversorgung Pflegekraft. Was genau bedeutet das?

Meine Berufsbezeichnung lautet Palliative Care Pflegefachkraft – doch was wir eigentlich nicht machen, ist Pflege. Das Wort Palliativmedizin leitet sich vom lat. Wort Palladium – der Mantel – ab. Im letzten Lebensabschnitt dringen wir nicht mehr medizinisch in den Menschen mit Operationen oder Therapien ein, die nicht zielführend sind und den Menschen belasten. Sondern umhüllen ihn bildlich gesprochen mit einem medizinischen Mantel, der ihre Lebensqualität, mit allem was dazu gehört, erhalten und verbessern soll. Das ist unser großer Anspruch als SAPV Pflegekräfte / Palliative Care Pflegefachkräfte mit vielfältigen Aufgaben vor Ort: beraten, zuhören, Schmerzen lindern. Gesprächspartner, emotionale Stütze, Freund sein. Für den Patienten und die Angehörigen da sein. Konkret in der Versorgung anleiten. Pflege organisieren, Unterstützung bei der Pflegegradbeantragung und bürokratischen Hürden. Aber auch die Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen wie Kunsttherapie und Atemtherapie. Von jemandem, der bettlägerig ist bis zum Patienten, der uns auf dem Fahrrad entgegenkommt – die Bedürfnisse und Geschichten unserer PatientInnen sind dabei ganz unterschiedlich. Aber das Ziel unserer Arbeit im SAPV-Team ist immer dasselbe: ein lebenswertes Leben bis zuletzt.

Sie haben gerade Ihre Berufsbezeichnung angesprochen. Wie ist es denn überhaupt dazu gekommen, dass Sie Palliative Care Pflegefachkraft / SAPV Pflegekraft geworden sind?

Als gelernte Krankenschwester komme ich aus dem Bereich der Pflege. Damals waren die Ausbildungsplätze umkämpft – heute hat „die Pflege“ auf dem Arbeitsmarkt ja leider ihren attraktiven Stellenwert eingebüßt. Ich selbst habe mich nie mit den Inhalten einer reinen Berufsbezeichnung zufriedengegeben, sondern bin meinen Weg gegangen, mit einigen Ausflügen in andere Fachbereiche. Als ich so in die ambulante Pflege schnupperte, verbrachte ich eines Tages zufällig ein paar Stunden mit einer sehr erfahrenen Palliative Care Fachkraft bei einem Patienten zuhause – Frau Heusinger, meine heutige Kollegin und die Pflegeleitung des SAPV-Dienstes bei den Barmherzigen Brüdern.

Und heute sind Sie als Palliative Care Pflegefachkraft / SAPV-Pflegekraft in Ihrem Berufsleben angekommen?

Wissen Sie, das möchte ich an dieser Stelle weitergeben: es gibt im Bereich der Pflege zahlreiche Möglichkeiten, sich beruflich weiterzuentwickeln. Berufszweige, die spannend, gut bezahlt und erfüllend sind. Ich arbeite heute als Palliative Care Pflegefachkraft / SAPV Pflegekraft selbstorganisiert und eigenverantwortlich, mit großer Wertschätzung von und für mein Kollegium und meine PatientInnen. Ich koordiniere und berate – die Pflege selbst organisiere ich nur noch. Ich würde behaupten, ich bin ganzheitlicher und umfassender mit meinen PatientInnen in Kontakt als die meisten ArbeitnehmerInnen im medizinischen Bereich. Als SAPV Pflegekraft werde ich in meinen menschlichen und organisatorischen Stärken gefordert. Kein Tag ist wie der andere. Um Ihre Frage zu beantworten: Ja, ich bin als SAPV Palliative Care Fachkraft mit ganzem Herzen in meinem Berufsleben angekommen!

Sie haben viele Jahre auf der Intensivstation gearbeitet. Was ist hier der größte Unterschied zu Ihrem heutigen Arbeitsleben als SAPV Pflegekraft?

Auf der Intensivstation geht es darum, körperliches Leben unter Einsatz aller Ressourcen zu retten. Wenn der Körper aufgibt, ist das in diesem Mindset ein Scheitern. Hier liegt der besondere Unterschied zu meinem Beruf als SAPV Pflegekraft. Leben an sich hat in diesem Kontext eine ganz andere Bedeutung: Es ist mehr als körperliche Funktion. Und das Sterben ist kein Scheitern, sondern gehört eben auch zum Leben dazu. So, wie wir Menschen unterschiedlich auf die Welt kommen, so gehen wir auch unterschiedlich. Das Leben bleibt zum Ende ein Geheimnis.

Und wie geht es ihnen heute als Palliative Care Pflegefachkraft / SAPV Pflegekraft an einem eher kleinen Haus wie dem Krankenhaus Barmherzige Brüder?

In der Pflege tauschen wir uns ja viel untereinander aus. Vom Krankenhaus Barmherzige Brüder habe ich immer schon sehr viel Gutes gehört, das ich nun selbst bestätigen kann. Ich arbeite als Palliative Care Pflegefachkraft / SAPV Pflegekraft heute zu Bürozeiten. Zwar sind wir mit unserer 24h Notfallnummer im Wechsel auch nachts erreichbar, die Schichtarbeit gehört aber der Vergangenheit an. Eine sichere Altersvorsorge, gute Bezahlung und im Januar die Jahressonderzahlung. Ich profitiere von der Sicherheit eines Tarifvertrags mit allen Benefits. Mein Partner und ich nutzen Gympass, manche KollegInnen haben sich ein E-Bike gemietet. Doch mal abgesehen von den Rahmenbedingungen ist da unser Krankenhausklima. Die Geschäftsführung ist eine tolle Frau, die die Klinik mit vollem Einsatz leitet, auf dem Gang grüßt und zuordnen kann, in welche Ecke man gehört.  In der Art und Weise, wie wir hier uns hier alle begegnen, sind wir ein ganz besonderes Haus. Der Spirit der „Barmis“ hat einfach diese willkommen heißende, wertschätzende und freundliche Note.